Markus Bötefür
Kultur- und Outdoor-Journalismus

Angelmesse Bangkok

Dass Japan-Tackle auf den Wunschlisten deutscher Street- und Spinnfischer ganz oben steht, ist kein Geheimnis und dass fast sämtliches Equipment aus chinesischer Produktion alles andere als einen guten Ruf genießt, ist auch jedermann bekannt. Aber wie sieht es mit Angelgerät Made in Thailand aus? Im Frühjahr 2016 habe ich mich auf der größten Angelmesse Südostasiens umgesehen.


Die Pforte zur Thailand International Tackle Show in der fünften Etage eines Departmentstores im quirligen Herzen Bangkoks zu finden, war alles andere leicht, denn die Veranstalter rechneten trotz des englischen Namens offensichtlich nicht mit westlichen Besuchern und so verzichteten sie auf Hinweisschilder in lateinischen Buchstaben. Wer kein Wort Thai spricht, hätte es ohnehin schwer gehabt, denn die viertägige Show stand ganz im Zeichen nationalen Herstellerstolzes und so lief mir während meines dreistündigen Messerundgangs außer einem in Nordthailand ansässigen Briten auch kein Bleichgesicht über den Weg. Dabei hätte es für die Augen westlicher Spinnfischer und Gerätehändler allerhand zu bestaunen gegeben, denn längst sind die Zeiten vorbei, in denen man in Bangkoker Angelläden billige Fakeware an den Touristen zu bringen versuchte. Made in Thailand gilt seit einigen Jahren als Qualitätsmerkmal und so konnte ich mich am Stand des Rollenherstellers HOTS von der präzisen Verarbeitung und dem sehr guten Material seiner Stationär- und Multirollen überzeugen, die man – Transparenz wird neuerdings in Asien groß geschrieben – auch in völlig zerlegtem Zustand unter die kritische Lupe nehmen konnte. Selbiges galt auch für die hypermoderne Spinnruten, die vom Bangkoker Rutenbauer FC Monster gefertigt werden und mittlerweile in den USA und in Australien auf eine wachsende Fangemeinde bauen können. Für die siamesischen Qualitätsprodukte muss man allerdings ebenso tief in die Tasche greifen wie bei uns. Ordentliche Ruten sind nicht unter 80 bis 120 Euro zu haben und für gute Stationär- und Mulitrollen sind 120 bis 500 Euro hinzublättern.
Kleine Kunstwerke
Da aber in den mitteleuropäischen Geräteläden akut kein Warenmangel herrscht, bleibt es abzuwarten, ob die thailändischen Stöcke und Rollen jemals den Weg nach Deutschland finden werden. Für mich als eingefleischten Wobblerangler war es ohnehin viel interessanter, mir die neusten Jerkbaits, Popper und Stickbaits aus den Werkstätten lokaler Bastler anzuschauen und sie im Hinblick auf ihre Tauglichkeit für Hecht, Barsch, Zander und Co. zu begutachten. Die gut zwei Dutzend Wobblerbauer waren allesamt sehr auskunftsfreudig und hatten natürlich in erster Linie Modelle zum Fang der in ganz Südostasien beliebten Barramundis und Snakeheads im Programm. Optisch war eines der kleinen Kunstwerke schöner als das andere, aber ob sie auch stabil genug verarbeitet waren, um deutschen Hechtzähnen zu widerstehen, vermochte mir keiner der Experten zu verraten. Daher traf es sich sehr gut, dass mir just in dem Moment, als mir der thailändische Begriff für durchgängiger Draht nicht einfallen wollte, ein alter Freund über den Weg lief, und mich, vorbei an den an den großen Ständen von Rapala, Shimano, Daiwa und Co., an die Basteltische der wahren Freaks führte, für die Wobblerbau eine mit Herzblut betriebene Leidenschaft ist und deren Kreationen auf den ersten Blick für mitteleuropäische Betrachter recht bizarr wirken, denn die Modellpalette beschränkt sich nicht allein auf die Nachbildung von Fischchen, sondern berücksichtigt auch die vielen in den thailändischen Gewässern schwimmenden Reptilien, Amphibien und Ratten. Und so konnte ich nicht umhin, dem neumodischen Begriff Creature-Bait eine völlig neue Facette abzugewinnen.
Trotz aller Kuriosität der Lures und Baits konnte ich auf der Thailand International Tackle Show eines feststellen: Kunstköder Made in Thailand haben Potential und brauchen was Qualität, Verarbeitung und Laufeigenschaften angeht, den Vergleich mit großen Namen aus Amerika, Skandinavien und Japan nicht zu scheuen. Und spätestens als ich ein paar Tage nach meiner Rückkehr an der heimischen Ruhr einen mittelprächtigen Döbel und zwei kleine Barsche auf einen eigentlich für Barramundis gedachten Handemade-Wobbler fing, war ich auch von der Fängigkeit der siamesischen Köder überzeugt.

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