Made in Thailand

Dass Japan-Tackle auf den Wunschlisten deutscher Street- und Spinnfischer ganz oben steht, ist kein Geheimnis und dass fast sämtliches Equipment aus chinesischer Produktion alles andere als einen guten Ruf genießt, ist auch jedermann bekannt. Aber wie sieht es mit Angelgerät Made in Thailand aus? Ich habe mich vor der Pandemie auf der größten Angelmesse Südostasiens in Bangkok umgesehen.

 

 

 

 

Die Pforte zur Thailand International Tackle Show in der fünften Etage eines Department Stores im quirligen Herzen Bangkoks zu finden, war alles andere leicht, denn die Veranstalter rechneten trotz des englischen Namens offensichtlich nicht mit westlichen Besuchern und so verzichteten sie auf Hinweisschilder in lateinischen Buchstaben. Wer kein Wort Thai spricht, hatte es ohnehin schwer, denn die viertägige Show stand ganz im Zeichen nationalen Herstellerstolzes und so lief mir während meines dreistündigen Messerundgangs außer einem in Nordthailand ansässigen Briten auch kein Bleichgesicht über den Weg. Dabei hätte es für die Augen westlicher Spinnfischer und Gerätehändler allerhand zu bestaunen gegeben, schließlich sind die Zeiten längst vorbei, in denen man in Bangkoker Angelläden billige Fakeware an den Touristen zu bringen versuchte. Made in Thailand gilt seit einigen Jahren als Qualitätsmerkmal; und so konnte ich mich am Stand des Rollenherstellers HOTS von der präzisen Verarbeitung und dem sehr guten Material seiner Stationär- und Multirollen überzeugen, die man – Transparenz wird neuerdings in Asien groß geschrieben – auch in völlig zerlegtem Zustand unter die kritische Lupe nehmen konnte. Selbiges gilt auch für die hypermoderne Spinnruten, die vom Bangkoker Rutenbauer FC Monster gefertigt werden und mittlerweile in den USA und in Australien auf eine wachsende Fangemeinde bauen können. Für die siamesischen Qualitätsprodukte muss man allerdings ebenso tief in die Tasche greifen wie bei uns. Ordentliche Ruten sind nicht unter 80 bis 120 Euro zu haben und für gute Stationär- und Mulitrollen sind 120 bis 500 Euro hinzublättern.

 

 

 

Wie überall in Asien geht es auch auf der Spinnanglermesse nicht ohne Promotion-Girls, an deren Ästhetik sich jedoch nicht nur die Angelgeister scheiden.

 

 

Da aber in den mitteleuropäischen Geräteläden akut kein Warenmangel herrscht, bleibt es abzuwarten, ob die thailändischen Stöcke und Rollen jemals den Weg nach Deutschland finden werden. Für mich als eingefleischten Wobblerangler war es ohnehin viel interessanter, mir die neusten Jerkbaits, Popper und Stickbaits aus den Werkstätten lokaler Bastler anzuschauen und sie im Hinblick auf ihre Tauglichkeit für Hecht, Barsch, Zander und Co. zu begutachten und zu kaufen. Die gut zwei Dutzend Wobblerbauer waren allesamt sehr auskunftsfreudig,  hatten aber natürlich in erster Linie Modelle zum Fang der in ganz Südostasien beliebten Barramundis und Snakeheads im Programm. Ihre Modellpalette beschränkt sich jedoch nicht allein auf die Nachbildungen von Fischchen, sondern berücksichtigt auch die vielen in den thailändischen Gewässern schwimmenden Reptilien, Amphibien und Ratten. Und so konnte ich nicht umhin, dem neumodischen Begriff Creature-Bait eine völlig neue Facette abzugewinnen.

Trotz aller Kuriosität der Lures und Baits konnte ich auf der Thailand International Tackle Show eines feststellen: Kunstköder Made in Thailand haben Potential und brauchen was Qualität, Verarbeitung und Laufeigenschaften angeht, den Vergleich mit großen Namen aus Amerika, Skandinavien und Japan nicht zu scheuen. Und spätestens als ich ein paar Tage nach meiner Rückkehr an der heimischen Ruhr einen mittelprächtigen Döbel und zwei kleine Barsche auf einen eigentlich für Barramundis gedachten Handemade-Wobbler fing, war ich auch von der Fängigkeit der siamesischen Köder überzeugt.

 

 

 

Thai-Handemade-Wobbler - fast zu schön, um sie ins Wasser zu werfen.